IM INTERVIEW: VISUALISIERUNGS-EXPERTEN CHRISTIAN BOTTA & DANIEL REINOLD

In unserer Interviewreihe stellen wir Kooperationspartner und Menschen aus unserem Netzwerk vor, die mit uns die Welle machen. Diesmal: Christian Botta & Daniel Reinold – Scrum Masters, Business Artists und Visualisierungs-Manager von Visual Braindump.

BOSANOVA UND VISUAL BRAINDUMP – WIR MACHEN DIE WELLE – MIT EVENTS & VISUALISIERUNG

BOSANOVA-Redaktion: Sabrina, Christian und Du, ihr habt gerade zur Electronic Partner Messe für einen gemeinsamen Kunden gearbeitet. Wie kam es zur ersten Zusammenarbeit?

Sabrina: Da wir für unsere Kunden immer voraus denken und am Puls der Zeit arbeiten, freut es uns immer wieder, wenn wir etwas Passendes aus dem Event-Hut zaubern können.
So auch in diesem Fall! Die Handschrift der Jungs passt hervorragend zu unserem Kunden und dessen aktuellem Messeauftritt. Ich bin dankbar, dass unsere erste Zusammenarbeit auf der Electronic Partner Messe in Düsseldorf am letzten Wochenende so erfolgreich und reibungslos gelaufen ist.

Kommende Woche ist noch ein weiterer Messeauftritt in Leipzig auf dem Euronics Kongress zu meistern! Der Kunde und wir als Agentur freuen uns schon sehr auf die dort entstehenden Scribbels. Ich habe selten so entspannte, professionelle und zügige Absprachen erlebt, die einfach die Arbeit um so ein Vielfaches erleichtern und motivieren. Rheinländer und Münchner – Hand in Hand!

BOSANOVA-Redaktion: Christian, Du bist studierter Informationswissenschaftler und Chemie-Ingenieur. Wie passt das zusammen oder muss es das gar nicht?

Christian Botta: Gute Frage! Ich könnte jetzt eine große Geschichte erzählen, dass das sehr wohl zusammenpasst und exakt geplant war. Die Wahrheit ist aber… es ist halt so passiert.

Nach meinem Chemie-Studium gab es keine brauchbaren Jobs, da gefühlt die ganze Welt Chemie studierte und so beschloss ich noch irgendetwas anderes zu machen. Zufälligerweise bin ich dann auf das Thema Informationswissenschaften gestoßen und dachte mir, dass ich das dann mit Chemie verbinden und irgendetwas in Richtung Patent-Recherchen etc. machen könnte. Sollte aber anders kommen… Ach ja, hätte ich das mit den Informationswissenschaften nicht gefunden, wäre ich vermutlich Chemie- und Bio-Lehrer geworden.

Visualisierung lässt sich trainieren

Christian Botta beim Visualisierungs-Training – alle Fotos: © Visual Braindump

BOSANOVA-Redaktion: Seit 2000 bist Du als Projektmanager und Berater für IT-Projekte tätig. Traditionelles, aber auch Agiles Projektmanagement (Zertifikat als Scrum Master) ist für Dich quasi ein Kinderspiel. Denn wie für Kinder spielen auch für Dich Bilder beim Lernen & Arbeiten eine entscheidende Rolle. Welchen Part übernimmt die Visualisierung beim Projektmanagement für Dich?

Christian Botta: Eine sehr wichtige Rolle – wobei mir dieser Umstand ehrlich gesagt lange nicht bewusst war. Wie Du richtig erwähnt hast, war ich lange als Führungskraft und Projektmanager unterwegs und da habe ich stets viel mit Bildern gearbeitet. Zwei kurze Beispiele: Es war durchaus öfter der Fall, dass ich neue Mitarbeiter bekommen habe.

Vielleicht kennt Ihr folgendes Szenario: Der Neuankömmling kommt aufgeregt bei seinem neuen Arbeitgeber an, bekommt einen Kaffee serviert und ein ca. 30-50 Seiten dickes Heft oder Buch überreicht auf dem dann steht: „Unser Unternehmen“. Der neue Mitarbeiter darf sich dann die nächsten vier Stunden mit dem Buch beschäftigen und versuchen alles auswendig zu lernen. Furchtbar, oder? Ich habe mit meinen Newbies immer ein DIN A3 Blatt ausgerollt und mit ihnen alles aufgezeichnet, was mir zum jeweiligen Unternehmen oder Projekt so einfiel. Das Ergebnis war stets, dass die Personen fragten, ob sie das Gekritzel mitnehmen können. Ich war erstaunt, da ich selbst nichts mehr erkennen konnte, aber ihnen diente es als mentaler Anker.

Visualisierung trägt auch zum Teambuilding bei.

Zweites Beispiel: Da ich ja grundsätzlich faul bin, also auch in meiner Rolle als Projektmanager, ärgerte es mich, dass ich in unserem damaligen Projektbüro stets erkennen musste, wann es einem meiner sechs Kollegen nicht so gut ging. Ich fragte mich, warum niemand anderem im Team auffiel, wenn einer der Kollegen sich zurückzog oder schlecht gelaunt war. Also ließ ich mir ein visuelles Tool einfallen. Ich malte eine Matrix. In die Spalten schrieb ich die Wochentage, in die erste Zeile die Namen der Teammitglieder. Nun bastelte ich für jeden ein Set aus fünf lachenden, 5 neutralen und 5 stinkigen Smilies. Die Aufgabe war nun, jeden Morgen seine Stimmung auf der Matrix zu visualisieren, die an der Bürotür hing. Tja, was soll ich sagen. Drei missmutige Smilies nacheinander fielen auch dem Rest des Teams auf. Das Team entwickelte mehr Empathie füreinander und ich musste nicht immer die Rolle des „Verstehers“ einnehmen.

BOSANOVA-Redaktion: Daniel, Christian und Du, ihr habt 2015 Visual Braindump gegründet. Management trifft Visualisierung. Wer übernimmt welchen Part und wie ergänzt ihr euch dabei?

Daniel Reinold: Das erinnert mich an die Frage  einer Teilnehmerin in einem unserer Workshops: „Wie lange seid ihr schon verheiratet?“ Ich denke, in einem Zweierteam wie unserem ist es wichtig, die jeweiligen Stärken und Schwächen zu kennen und auszuspielen. Christian ist für mich jemand, der immer wieder innovative und verrückte Ideen in unsere Vorhaben einbringt. Außerdem fühlt er sich auf der Bühne wohl und ist nachweislich ein toller Trainer. Ich empfinde mich als denjenigen, der Ideen zu Ende denkt, auf Markt und Umfeld anpasst und konsequent auf ein Ergebnis hinarbeitet. Die Bühne ist weniger meins. Das mag daran liegen, dass ich in Gedanken schon zum Schluss gekommen bin und mir es manchmal schwer fällt, den Weg dahin zu beschreiben. Ich fühle mich in aufgeschlossenen Unternehmen wohl und „wirke“ gerne als Facilitator, Coach oder als Projekt-Begleiter. Da gibt es konkrete Notwendigkeit zur Umsetzung unserer Ansätze am ‚lebenden Objekt‘.

Zusammen erarbeiten wir jedes Jahr innerhalb von zwei Tagen unsere Strategie, klären unsere Vorlieben und definieren Ziele daraus. Dadurch tun wir die Dinge, bei denen wir uns wohl fühlen. Und schaffen uns innerhalb der Unternehmung unser jeweils eigenes ‚kleines Reich‘ (das ist bei zwei Charakterköpfen wie uns ziemlich wichtig). Gemeinsam mit der weichen Rollenaufteilung gelingt unsere Unternehmung. Das bedeutet aber nicht, dass wir an komplett unterschiedlichen Dingen arbeiten. Zum Beispiel sind wir beide als Trainer und Coaches aktiv und bleiben auch beide Ansprechpartner zu allen Themen.
Eine gewisse Gewichtung unserer Einsätze zeichnet sich dadurch schon ab, wenn wir bei den Themen die Wahl zwischen „lieber“ und „noch lieber“ haben…
Und ja, wir zoffen uns regelmäßig 🙂

BOSANOVA-Redaktion: Sketchnotes trifft man ja mittlerweile sehr häufig an. Zeichnerisch visuell zu denken – kann das wirklich jeder lernen und was benötigt man dazu?

Christian Botta: Ich denke ja! Denn es geht nicht um Kunst! Es geht ums Sichtbarmachen von Informationen. Leider haben wir oft den Anspruch etwas sehr perfektionistisch zu erledigen. Vergesst es!

Streicht also das Wort Kunst aus dem Business-Kontext und ersetzt es durch Visualisierung. Und ja, jeder kann es lernen, denn jeder konnte es als Kind. Um die Bilder besser und vielleicht hübscher zu gestalten bedarf es Übung. Ich empfehle meinen Kursteilnehmern immer ein hochwertiges Skizzenbuch (z.B. von Moleskin) zu kaufen und darin immer mal wieder ein paar Skizzen anzufertigen. Zum Beispiel bei der nächsten Zugfahrt. Ihr werdet ganz schnell Fortschritte bemerken und führt über Eure Entwicklung Buch. 🙂

BOSANOVA-Redaktion: Graphic Recording, das Aufzeichnen und Visualisieren von z.b. Workshops & deren Ergebnisse ist ganz schön anstrengend wie ihr in eurem Blog schreibt. Hören und Bauch ist gleich Bild – so lautet die Formel. Was war euer herausforderndstes Graphic Recording und weshalb??

Daniel Reinold: Da gibt es sogar eine bestimmte Kategorie. Bei Veranstaltungen mit mehr als zwei parallelen Workshops oder Vorträgen wird es schwierig, ein umfassendes Recording zu erstellen.
Auf der einen Seite ist die Anforderung unserer Kunden ein großes Lob. Sie trauen uns die Herausforderung zu. Es ist nur so… wir können schlicht und ergreifend nur parallel in zwei Räumen sein. Tatsächlich besitzen wir noch keine hellseherischen Fähigkeiten – schaffen es aber dennoch irgendwie immer, die Eindrücke durch kurze Sprints zu den jeweiligen Räumlichkeiten einzufangen.
Auf der anderen Seite ist bei uns vorab eine umfassende Vorbereitung notwendig, um mit dem (oft) wenigen Material zu den voraussichtlichen Inhalten möglichst viel Bildmaterial bereit zu halten. Diese Kombination ist immer eine große Herausforderung.

Visualisierung mit Graphic Recording

Graphic Recording – immer eine Herausforderung, aber mit Vergnügen. Daniel Reinold, Visual Braindump

BOSANOVA-Redaktion: Wie entspannt ihr Bauch und Ohren nach einem solch anstrengenden Job am ehesten? Gibt es da einen ultimativen Tipp oder ist es ein besonderes Hobby, das den Ausgleich schafft?

Christian Botta: Also bei mir gibt es da kein Patentrezept. Ich denke gerne an den nächsten ruhigeren Tag und freue mich darauf. Ist dieser dann erreicht kann ich mich entweder bei schlechtem Wetter wunderbar mit Nichtstun beschäftigen und einen Tag auf dem Sofa verbringen oder bei schönem Wetter gehe ich ’ne Runde Radfahren oder Golfen.

Daniel Reinold: Sport. Laufen, Radfahren, Freeletics… Wenn ich den ganzen Tag sitze und auf dem Tablet digitale Recordings aufnehme oder vor einer Graphic Wall die Striche setze, brauche ich einen Bewegungsausgleich. Das erleichtert auch die beschriebenen Sprints bei Workshops mit mehr als zwei parallelen Sessions. Außerdem werde ich ohne Sport zickig! 😀
Christian ist mein Zeuge.

BOSANOVA-Redaktion:  Vielen Dank für das Interview und viel Spaß & Erfolg euch beiden weiterhin!