IM INTERVIEW: NORBERT FROITZHEIM, GESCHÄFTSFÜHRER DES ÄRZTEVERLAGS

In unserer Interviewreihe stellen wir Kooperationspartner und Menschen aus unserem Netzwerk vor, die mit uns die Welle machen. Diesmal: Norbert Froitzheim, Verleger und Geschäftsführer des Deutschen Ärzteverlags.

BOSANOVA UND NORBERT FROITZHEIM – WIR MACHEN DIE WELLE – ENGAGIERT UND WELTOFFEN

 

BOSANOVA-Redaktion: Sabrina, Norbert Froitzheim und Du, ihr kennt euch über gemeinsames Networking, verfolgt gemeinsame Ziele und engagiert euch an verschiedenen Stellen – auch ehrenamtlich. Welche Überschneidungen gibt es da und weshalb ist Dir persönlich Weltoffenheit und Engagement so wichtig?

Sabrina: Wir hier in Deutschland sitzen in einem gut behüteten Nest. Sicherlich gibt es auch hier Elend, gerade aktuell politische und ernstzunehmende Unruhe, soziale, große Missstände und nicht im Verhältnis stehende Situationen, Ängste, Ungerechtigkeit, doch gerade dann finde ich die Vogelstraußtaktik nicht richtig platziert und auch nur „meckern“ hilft hier nicht an dieser Stelle.
Wenn ich aus meiner schönen, warmen Wohnung auf die Straße blicke und einen Obdachlosen sehe, kann ich was ändern. Mit meinen Händen. Mit meinen Mitteln. Wir alle können nicht eben mal den Frieden und die Gerechtigkeit zurückholen, doch wir können anpacken! Und da ist eine große Schnittstelle zu Herrn Froitzheim. Nicht reden – machen! Es muss nicht immer das große Feuerwerk sein, es kann auch für ein Kinderheim ein errichtetes Kräuterbeet sein, es können Hörspiele für eine syrische Flüchtlingsfamilie sein, damit die Kinder spielerisch Deutsch lernen, es kann ein Tüte voll kleiner Aufmerksamkeiten für einen Obdachlosen sein. Es kann auch einfach mal ein Gang mit auf die Behörde sein, um den Migranten an der Seite zu stehen. Wie in dem tollen Song von Moses und wahrhaft grandios übersetzt von Silbermond: „Werf ich nen Blick in mein Land und über den Tellerrand fühlt sich die Welt irgendwie wacklich an. Ist das nur in meinem Bauch? Weiß nicht – fühlst du das auch? So viel Missgunst und Hass. So viel Ungleichheit und Neid, der zwischen uns klafft während ’ne ganze Generation innerlich erfriert in ’ner Welt die sich am Profit orientiert und wir wissen, dass es nicht gut gehen kann. VERDAMMT“. Hier setze ich gern an und weiß, dass ich mit Herrn Froitzheim nicht nur einen guten Gesprächspartner und Mitdenker in dieser Position habe, sondern auch einen großen Macher! DANKE!!!

BOSANOVA-Redaktion: Norbert Froitzheim, Sie sind Verleger und Geschäftsführer des Deutschen Ärzteverlags, der unter seinem Dach unterschiedlichste Angebote vereint. Darunter sowohl Publikationen in Print und online als auch innovative Fortbildungsangebote für Mediziner und Zahnmediziner, aber auch Organisationsmittel für Praxen und Kliniken sowie Schulungsprogramme. Wie kam es zu dieser Diversität und ist das auch eine Folge der Digitalisierung?

Norbert Froitzheim: Dieses Portfolio ist über viele Jahre entstanden. Ursprünglich war da nur das Deutsche Ärzteblatt, das Leitmedium in der medizinischen Publizistik. Aber schon in den ersten Jahren seit 1949 kamen viele andere Produkte hinzu, so dass wir heute inklusive unserer Tochtergesellschaften über ein sehr breites Spektrum im Healthcare-Markt verfügen. In den letzten Jahren wurde natürlich auch die Digitale Transformation des Unternehmens immer wichtiger; ein Thema, das alle Unternehmensbereiche tief durchdringt und an die Wurzel unserer Business-Modelle geht. Digitalisierung ist ein Schlagwort, das von vielen Menschen benutzt wird. Selbst einen Facebook-Account zu besitzen und gelegentlich mal etwas zu posten, heißt nicht, dass man fähig wäre, in den sozialen Kanälen zu publizieren. Dazu gehören eigene Fähigkeiten und Wirkungsmechanismen, die man durchdringen muss. Gleiches gilt selbstverständlich auch für das Publizieren auf Websites. Ganz platt: Etwas ins Netz stellen heißt nicht, dass es auch jemand sieht. Auch hierzu gehören vielseitige Fertigkeiten und Kompetenzen um das optimale Ergebnis zu erzielen. Und hier stehen wir vor dem ersten Problem. Der klassischen Verlagsbranche fällt es erkennbar schwer, sich auf die veränderten Gegebenheiten einzustellen. Da ist noch viel Stochern im Nebel. Aber, so wie ich es einmal in einem Vortrag gesagt habe: Verlage müssen aufhören wie Verlage zu denken, es sei denn, man möchte ein klassischer Verlag bleiben. Medienunternehmen mit digitaler Ausrichtung ticken eben anders. Schauen Sie sich Axel Springer SE an. Ein Paradebeispiel, wie es ein Verlagshaus geschafft hat, strategisch gut überlegt in die digitalen Geschäftsmodelle einzusteigen, ohne seinen eigenen Kern zu verraten. Ein Lehrstück in meinen Augen.

BOSANOVA-Redaktion: Alleine 27 Publikationen erscheinen im Deutschen Ärzteverlag – vom allseits bekannten Deutschen Ärzteblatt, über die Zahnärztlichen Mitteilungen bis zur Mitgliederzeitschrift für die Orthopädische und Unfallchirurgische Praxis. Ist das angesichts des immer wieder prophezeiten Todesstoßes für Print nicht gelebter Beweis für die Bedeutung insbesondere der Fachzeitschriften? Was macht diesen Erfolg aus?

Norbert Froitzheim: Ich habe vor vielen Jahren schon behauptet, dass Print nicht aussterben wird. Printpublikationen bedienen bestimmte Leserbedürfnisse, die Online nicht befriedigen kann. Aber auch umgekehrt. So komme ich nach wie vor zu dem Schluss, dass es auch in Zukunft ein Miteinander von Print und Digital geben wird. Aber ich glaube schon, dass dieses Miteinander neu ausgehandelt wird. Das wird anders als heute sein, weil wir auch im Digitalen Publizieren von den technischen Möglichkeiten beeinflusst und getrieben werden. Nehmen Sie das Beispiel Facebook Live! Gerne schaue ich mir hier selbst verschiedene Live-Berichterstattungen an. Insofern muss ich als Publisher natürlich antizipieren, was ein derartiger Kanal unseren Zielgruppen bringt. Dabei darf ich natürlich nicht vergessen, dass ich mit einem derartigen Informationsangebot nicht jeden Rezipienten in den angesteuerten Zielgruppen erreiche. Hier kann dann wiederum eine aufwändig gemachte Zeitschrift mit langen differenzierten Beiträgen die richtige Ergänzung sein.

BOSANOVA-Redaktion: Im April 2016 launchten Sie ein neues Social Magazine „Health Relations“ zu aktuellen Trends und Hintergründen der Branche. An wen wendet sich das Magazin und wie hat es sich nach rund eineinhalb Jahren entwickelt?

Norbert Froitzheim: Dieser Social-Hub wendet sich inhaltlich an die Entscheider bei unseren Mediakunden, sei es in der Pharma-, Dental- oder MedTech-Branche, den Kliniken, Media-, PR- und Kreativagenturen im Healthcare-Markt. Mit dem aktuellen Stand der Dinge sind wir zufrieden, was wir an den Zahlen erkennen können. Wir wollen den Zielpersonen relevanten Inhalt für ihr berufliches Tun liefern und gleichzeitig unsere Unternehmenskommunikation geschickt verpacken.

BOSANOVA-Redaktion: Seit 2014 sind Sie Vorstandsmitglied beim VZV NRW – dem Verband der Zeitschriftenverlage und damit als Interessenvertreter der Verlagsbranche die Schnittstelle zwischen Verlegern, Politik und Wirtschaft. Welche Aufgaben haben aus Ihrer Sicht aktuell die höchste Priorität in der Verbandsarbeit und wie gehen Sie diese an?

Norbert Froitzheim: Eine der wichtigsten Aufgabe ist es tatsächlich, unsere Kollegen auf dem Weg der Digitalisierung zu begleiten. Überdies arbeiten wir eng mit dem Bundesverband zusammen. Hier haben wir ganz hervorragende Leute sitzen, die sich mit großer Kraftanstrengung gegen die Regulierungsambitionen aus Brüssel stemmen, damit wir auch morgen noch in der Lage sind, uns gegen die großen Wettbewerber wie google und Facebook aufzustellen und unser Geschäft weiter betreiben zu können. Ich kann Ihnen sagen, dass da einiges in der Pipeline ist, was unsere Arbeit ungemein erschweren würde und was den Prozess der Digitalisierung in unserer Branche stark negativ beeinflussen würde. Unsere Lobbyisten kämpfen hier jeden Tag gegen eine gewisse Form von Irrsinn an. Dafür gebührt ihnen das größte Lob und tatkräftige Unterstützung, die ich in meinem bescheidenen Rahmen leisten kann.

BOSANOVA-Redaktion: Erst diesen Sommer wurden Sie in den Medienausschuss der Industrie- und Handelskammern von Köln und Bonn/Rhein-Sieg gewählt. Neben Ihrer eigenen beruflichen Tätigkeit, der Vorstandsarbeit und Ihren weiteren vielfältigen Aktivitäten wie Vorträge vor Studierenden etc. – bleibt da noch Zeit für weiteres gemeinnütziges Engagement?

Norbert Froitzheim: Der Ruf in den Medienausschuss ehrt mich sehr. Das mache ich gerne. In der Tat bleibt nicht mehr viel Zeit übrig. Aber ich engagiere mich seit einige Zeit in einem rotarischen Club in Köln. Für uns Rotarier ist das gemeinnützige soziale Engagement sehr wichtig. Das ist eine unserer Säulen. Und in der Tat ist es so, wie Sabrina Stremmel es am Anfang gesagt hat. Man muss einmal vor Ort sein und sich die Dinge anschauen, mal in ein Kinderheim gehen, mit den Betreuerinnen und Betreuern sprechen, mit den Kindern Kontakt aufnehmen und sich bewusstmachen, wie gut es einem persönlich geht und wie viel Leid und Armut es auch in unserem unmittelbaren Umkreis gibt. Viele Menschen streben dabei in die Ferne. Aber fünf Minuten von der eigenen Haustür entfernt gibt es ebenfalls viele Ansätze, Menschen in Not oder misslichen Situationen zu helfen. Das übersieht man leicht, wenn man sich zur sehr mit der Weltlage beschäftigt.

BOSANOVA-Redaktion: Was macht Norbert Froitzheim in der Freizeit – oder ist das ein Wort, das in Ihrem Wortschatz gar keinen Platz findet?

Norbert Froitzheim: Natürlich habe ich auch Freizeit. Hier schlägt mein Herz in erster Linie für meine Familie, die immer im Mittelpunkt stehen wird. Wenn ich Muße habe, vertiefe ich mich in Geschichte, ein wahrer Fundus von Antworten auf aktuelle Probleme. Und dann gibt es ja noch den 1. FC Köln, mit dem ich seit meiner Kindheit verschiedene Phasen erlebt habe.

BOSANOVA-Redaktion: Wenn Ihnen jemand ein ganzes Jahr Zeit schenken würde, das Sie konsequenzlos für etwas verwenden könnten, das Ihnen besonders am Herzen liegt, was wäre das?

Norbert Froitzheim: Schwierige Frage! Ich würde wahrscheinlich endlich anfangen das Buch zu schreiben, was ich schon immer schreiben wollte.

BOSANOVA-Redaktion: Vielen Dank für das Interview, Norbert Froitzheim und viel Erfolg auf allen Wegen, wir freuen uns auf ein Wiedersehen!